Nackte Fakten verkaufen nicht. Damit Produkte und Dienstleistungen aus der Fülle des Angebots herausstechen, müssen Kunden begeistert werden. Das gelingt am besten anhand von Geschichten – Marketer nennen diese Disziplin Storytelling.
Hintergrund: Wenn wir uns etwas merken, erinnern wir uns
selten nur an Fakten. Vielmehr verknüpfen wir Geschichten mit Emotionen,
weshalb Botschaften, die in Geschichten verpackt sind, stärker und nachhaltiger
wirken. Ein Paradebeispiel für eine Story vollgepackt mit Emotionen ist
ein Werbespot aus dem Jahr 2013,
in dem ein kleiner Junge sich so seine
Gedanken über das anstrengende Leben seiner Mutter als Mutter macht. Am
Ende
des sowieso schon emotionsgeladenen Spots folgt eine noch emotionalere
Liebeserklärung an die Mama. Das Produkt, für das Beiersdorf wirbt,
scheint
dabei nebensächlich. Es wird weder gezeigt, noch erwähnt. Nur am Ende
wird der
Markenname eingeblendet. Auf weitere Erklärungen oder
Produktinformationen hat das Unternehmen verzichtet – weil sie
überflüssig sind.
Worum
geht’s beim Storytelling?
Storytelling ist zunächst einmal eine Erzählmethode. Es
geht nicht um die plumpe Vermittlung von Informationen à la „kaufen Sie diese Creme,
damit Sie trotz Ihres stressigen Mutterdaseins keine Falten bekommen werden“, wie
der Nivea-Spot zeigt, sondern um die Verbreitung von Botschaften, mit denen
sich Konsumenten identifizieren können. Dadurch werden
Emotionen geweckt, die
Identifikation mit der Geschichte fällt leicht und die Botschaft bleibt
langfristig
hängen. Diese Vorteile haben aus der Methode einen festen Bestandteil in
der Marketing-Strategie von Unternehmen gemacht– ob in Form von Content
Marketing, als Teil der Unternehmenskommunikation oder mittels
Social Media bei Facebook & Co.
Dabei muss nicht unbedingt eine abgeschlossene Geschichte
erzählt werden, viel wichtiger ist die Verbindung der einzelnen Inhalte im
Kopf des Konsumenten. Storytelling ist dann am effektivsten, wenn es schafft,
persönliche Assoziationen auszulösen und dadurch eine emotionale Bindung
zwischen Produkt und Kunde entsteht. Geschichten sind deshalb der Schlüssel zu
einer gelungenen Kommunikation.
Storytelling erklärt in 120 Sekunden:
Das
Gehirn liebt Geschichten
Aber warum genau hören Menschen so gerne Geschichten? Die
Antwort darauf gibt die Psychologie. Psychologen unterscheiden zwischen zwei
Arten von Gedächtnis:
ein analytisches Gedächtnis, das für das Planen und Argumentieren zuständig ist, sowie
ein biografisches Gedächtnis, das auch narratives Gedächtnis genannt wird und das unsere Erlebnisse zu einer Geschichte zusammenfügt und emotional einordnet
Während sich unser analytisches Gehirn damit befasst,
unsere sogenannten intuitiven Entscheidungen in Nachhinein zu begründen und zu
rechtfertigen, schaltet sich das narrative Gedächtnis immer dann ein, wenn eine
Entscheidung ansteht. Das analytische Gedächtnis übernimmt bildlich gesprochen
den „ganzen Papierkram“ und liefert eine auf Zahlen, Fakten, Daten und Nutzen
basierte Rechtfertigung unserer Bauch- oder Erfahrungsentscheidung.
Das narrative Gedächtnis sorgt dafür, dass wir Situationen
als bedrohlich oder sicher empfinden, als stressig, langweilig, angenehm oder
irritierend. Die dort gespeicherten Erzählmuster bestimmen die Wahrnehmung
unserer Realität. Mehr über „Die Wissenschaft
des Storytelling“ erfahren Sie hier.
Klar, die Geschichte muss zur Zielgruppe passen, ihr Leben
wiederspiegeln, damit sie sich darin erkennt. Darüber hinaus gibt es aber auch Handlungsmuster
die als universell gelten, wie beispielsweise „die Reise des Helden“ oder „der
Kampf zwischen Gut und Böse“. Diese Erzählstränge sind nicht nur universell,
sondern auch zeitlos. Deshalb gilt als wichtigste Regel: Eine Geschichte ist
gut, wenn sich die Mehrheit der Zielgruppe damit identifizieren kann. Oder, wie
Wilhelm Busch es einmal ausgedrückt hat: „Was beliebt, ist auch erlaubt“. Werner T. Fuchs, Autor des Standardwerks „Crashkurs Storytelling“ erklärt dazu:
»Beschreiben
statt Belehren« und »Erzählen statt Erklären« lauten die Formeln, nach
denen Storyteller Werte und wichtige Botschaften vermitteln. – Werner T. Fuchs, Marketing- und Werbeexperte
Hier dennoch einige konkrete Regeln, an denen sich Marketer beim Geschichtenerzählen orientieren können:
Dinge zeigen statt erzählen. Geschichten funktionieren, wenn Bilder im Kopf entstehen, die wiederum von Assoziationen ausgelöst werden. Storytelling arbeitet deshalb gerne mit Vergleichen.
Damit Storytelling im Marketing funktioniert, muss die Zielgruppe berücksichtigt werden: Welche Probleme hat sie? In welchen typischen Situationen findet sie sich regelmäßig wieder?
Geschichten dürfen nicht zu lang sein; kurze und prägnante Storys fesseln und werden deshalb bis zum Ende verfolgt.
Jede Kampagne braucht eine Dramaturgie inklusive Spannungsbogen (Höhen und Tiefen) sowie eine roten Faden.
Grundsätzlich gilt jedoch: Eine
Mustervorlage existiert nicht, denn es gibt so viele potenzielle Geschichten
wie Kunden. Ein Erfolgsfaktor ist unbestritten, im Kino ebenso wie in der
Werbung: Ein Happy End bringt kommt besser als ein schwermütiges Finale.
Tipp:
Als
Aufhänger eignen sich Anekdoten, die jeder Mensch selbst erlebt hat, wie
berühmt-berüchtigte „erste Male“:
Erste Lernschritte: Laufen, Schnürsenkelbinden oder Radfahren
Erste Liebe: Erster Kuss, erste Liebeserklärung oder der erste Liebeskummer
Coming of Age: erster Urlaub ohne Eltern oder die erste eigene Wohnung
Erste Erfolge: im Sport oder im Job
oder Wünsche, die jeder hat, oder Träume, die sich beinahe
jeder einmal erfüllen will: